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6-2 Der Ruhrbergbau im nationalsozialistischen Wirtschaftsgefüge



Auch der Ruhrbergbau wird massiv in das nationalsozialistische Wirtschaftsgefüge "Planung und Lenkung" einbezogen. Die durch Aufrüstung, Autarkiebestrebung und Abschnürung vom Weltmarkt immer stärker eingespannte Wirtschaft braucht eine größere Kohleförderung und kommt damit den Interessen der lokalen Bevölkerung und der arbeitslosen Bergleute in

Oer-Erkenschwick entgegen. Der Beschluß, "ab Mitte 1938 mit Erkenschwicker Bergleuten aus dem Baufeld Rapen 2.000 bis 2.500 Tonnen Kohle täglich zu fördern" und "möglichst bald 4.000 Tonnen täglich" aus dem Gesamtfeld, ist nur folgerichtig.

Durch die laufenden Kriegsrüstungen konnte 1938 der Steinkohlenbergbau die stark gestiegene Kohlennachfrage kaum noch befriedigen. "Das Syndikat muß sich in einer Weise betätigen, die dem Zweck seiner Gründung genau widerspricht. Es ist nicht mehr auf die gleichmäßige Beschäftigung der Mitglieder bedacht, sondern sorgt für die volkswirtschaftlich richtige Verteilung der Kohle."

Deutschlands Rohstahlerzeugung übertrifft 1938 mit rd. 22 Millionen Tonnen erstmals seit dem Vorkriegsjahr 1913 wieder diejenige von England, Frankreich und Belgien mit 19 Millionen Tonnen.

Durch Reichsgesetz wird 1938 die Berufsschulpflicht eingeführt. Das Ausbildungsabkommen 1939 und ein Erlaß des Reichswirtschaftsministers machen den für den Staat immer wichtiger werdenden Bergmannsberuf zum Lehrberuf. In der Folge werden auf den Zechen Lehrwerkstätten ausgebaut oder neu eingerichtet, Fachkräfte erhalten eigene Namen wie Maschinenhauer oder Elektrohauer.

Unmittelbar eingebunden in die Kriegsvorbereitungen wird der Bergbau durch die "Verordnung zur Sicherstellung des Arbeitskräftebedarfs für Aufgaben von besonderer staatspolitischer Bedeutung" vom Februar 1939, durch die eine Dienstverpflichtung für alle Deutschen eingeführt wird, sowie durch die Verordnung vom 2.März 1939: "Zur Wehrhaftmachung des deutschen Volkes und zur Durchführung des Vierjahresplanes müssen die Förderleistungen wesentlich gesteigert werden".

Die italienischen Staatsbahnen nehmen über den Brenner, Grenzbahnhof Domodossola, große Mengen an Stückkohlen für ihre Dampflokomotiven ab und unterlaufen damit die Wirtschaftsblockade der Alliierten.

Nach Einmarsch deutscher Truppen in Polen am 1. September 1939 erklären Großbritannien und Frankreich am 3. September Deutschland den Krieg.

Wie im Ersten Weltkrieg begann wieder der Mangel an Arbeitskräften und Material, der durch den Bombenkrieg verschärft wird. Im Dezember 1939 sind 18.500, im März 1945 77.800 Ruhrbergleute eingezogen. Als Ersatz werden dem Bergbau Kriegsgefangene und ausländische Arbeiter aufgedrängt.

Schon vor 1942 fordert die Wehrverwaltung Führungskräfte für die Bergwerke der besetzten Gebiete an. Da man aus Not dort schon einheimische Kräfte mit Führungsaufgaben habe betrauen müssen, sollen den Bergschulen alle geeigneten Männer gemeldet werden.

Die im Arbeitseinsatz stehenden Ausländer unterstehen nicht den Zechenleitern, sondern dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz. Die Schwierigkeiten der Beschäftigung von Ausländern ist dem Ruhrbergbau aus der Zeit des Ersten Weltkriegs bekannt. Neu sind jedoch die Größenordnung und die Schwierigkeiten infolge der Zerstörung von Zechenanlagen durch den Bombenkrieg.

Ende 1944 sind 159.600 Ausländer, davon 91.700 Kriegsgefangene und 34.500 Ostarbeiter im Bergbau tätig. Trotz Materialmangels gelingt es den deutschen Bergleuten, die Förderung bis kurz vor Kriegsende auf dem Vorkriegsstand zu halten.

Während die Deutsche Wehrmacht von Herbst 1939 bis 1943 Polen, Holland, Belgien und Frankreich überrollt, tief nach Rußland vorstößt, an mehreren Fronten fast zwei Jahre lang gegen Russen, Amerikaner und Engländer unter größten Menschenopfern kämpft und
bis zum völligen Zusammenbruch Deutschlands im Mai 1945 erbittert Widerstand leistet, verändert sich auch in der näheren Heimat das Leben der Menschen einschneidend.

Bereits im November 1939 wird die einfache Lebenshaltung kriegsbedingt weiter eingeschränkt. Kleidungsersatz gibt es nur gegen Bezugschein. Je Person und Woche sollen nur 2.400g Mehl, 500g Fleisch und Käse, 300g Fett, 250g Zucker, 100g Ersatzkaffee, 2 L. Milch und 1 Ei zugeteilt worden sein.

Während nicht körperlich arbeitende Menschen, damals auch "Arbeiter der Stirn" genannt, mit zunehmender Kriegsdauer immer knapper versorgt werden und ab 1942 besonders in den Ballungsräumen Hunger leiden, werden "Soldaten der Arbeit", zu denen auch die Bergleute zählen, vor allem mit Brot, Fett, Fleisch sowie Rauchwaren und Alkohol hinreichend versorgt. In der Grube arbeitende Kriegsgefangene und Ostarbeiter hingegen tauschen wegen Hungers Seife oder einfaches Bastelwerk gegen Brot, Kartoffeln oder Gemüse.

Am 8. Mai 1945 endet der zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der nationalsozialistischen Deutschen Wehrmacht nach Vorstoß gegnerischer Streitkräfte aus 0st und West bis zur Elbe.

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